Richards Korkbein – Brendan Behan
Brendan Behan: Synonym für Alkoholiker, Anarchist, Arbeiterdichter, Linkskatholik, Terrorist? Nein – alles nur Klischee! Er ist ein irischer Dichter und basta. Seine Stücke sind laut, vulgär, melancholisch. Und katholisch. Für einen exkommunizierten Iren eine Selbstverständlichkeit. Brendan lebte oder besser: starb in einer Zeit, als ein Prolet noch ein Prolet war und nicht ein mutierter puritanischer Kleinbürger.
«Richards Korkbein» ist ein Fragment. Es erschien zuerst als Einakter in gälischer Sprache unter dem Titel «Ein schöner Tag auf dem Friedhof». Später weitete er es noch aus, doch es blieb unvollendet. Alan Simpson, ein alter Freund und Regisseur, grub das Stück 1971 aus, ergänzte es mit einigen Dialogen und brachte es auf die Bühne. Es wurde ein Erfolg. Zu Recht! Auch wenn die Professoren die Nase rümpfen ob der wilden Dramaturgie, sie ist alles andere als geradlinig und «fehlerlos», ist die «irische Unterhaltung» Theater pur. Zwei Huren, ein Tunichtgut, ein Held, eine Sektiererin mit Tochter und ein paar «Herren» bevölkern den Friedhof, und es entsteht eine Handlung, die sich alsbald verselbständigt – der alkoholisierte Zufall regiert. Brendans Figuren leben, leiden, leben. Und der Autor liebt sie, nie macht er sich über sie lustig, kennt er sie doch, diese Aussenseiter, diese auf der Bühne des Lebens torkelnd taumelnden Leute. Und er setzt ihnen ein Denkmal.
«Wenn’s Geld gibt, gibt’s zu trinken; und wenn’s was zu trinken gibt, gibt’s Lieder». Ein mögliches Motto. Wo man singt, da lass dich nieder, böse Menschen . . . In «Richards Korkbein» wird gesungen. Bei der Uraufführung in Dublin dudelten «The Dubliners» irische Weisen, hier in Brig sind natürlich «einheimische» Melodien Trumpf. Irland und Wallis, zwei Welten, die verschiedener und gleicher nicht sein könnten. Unwahrscheinlich? Ersetzen Sie «Irland» durch «Wallis», und Sie verstehen, warum die wenigsten irischen Dichter in der Heimaterde begraben liegen. Zu den wenigen gehört Brendan Behan.
Hermann Anthamatten